Vulva ERKRANKUNGEN
Die Vulva, das äussere weibliche Genitale
Die Vulva umfasst die kleinen und grossen Schamlippen, die Klitoris, die Harnröhrenöffnung und den Scheidenvorhof. Sie bildet die natürliche Barriere zu der vaginalen Schleimhaut und spielt eine wesentliche Rolle im Erleben der Weiblichkeit und der Sexualität. Beschwerden an der Vulva sind häufig: Juckreiz, Brennen, Schmerz, sichtbare Hautveränderungen wie Schwellung, Rötung, Bläschen oder Ausschlag, aber auch Veränderungen des Ausflusses sind ernst zu nehmende Symptome und sollten weiter abgeklärt werden. Infektionen, entzündliche Hauterkrankungen aber auch Vorstufen von Vulvakrebs können so frühzeitig erkannt und behandelt werden.
Probleme rund um die Vulva sind in unserer Gesellschaft leider oft ein Tabuthema. Gewisse Krankheitsbilder, wie beispielsweise Lichen sclerosus sind selbst Ärzten oft zu wenig bekannt, weshalb Frauen nicht selten jahrelang auf die richtige Diagnose warten.
Brechen Sie mit den Tabus und sprechen Sie mit uns über Ihre Beschwerden! Dank meiner langjährigen Tätigkeit am Zentrumsspital, wo ich die Vulva-Sprechstunde ins Leben gerufen und über fast fünfzehn Jahre geleitet habe, bin ich mit der Diagnostik und Behandlung vulvärer Beschwerden sehr gut vertraut.
Lichen sclerosus: Für Juckreiz ist nicht immer ein Scheiden-Pilz verantwortlich. Die chronische Autoimmunerkrankung Lichen sclerosus kann sich ebenfalls durch wiederkehrenden Juckreiz oder Brennen bemerkbar machen. Eine frühzeitige Diagnose und die richtige Behandlung sind wichtig für den Verlauf der Erkrankung.
Was ist Lichen sclerosus?
Lichen sclerosus ist eine autoimmune Erkrankung, die vor allem die Haut der Vulva und der Perianalregion befällt. Die Betroffenen leiden oft unter wiederkehrendem Juckreiz und Brennen. Kleine Risse in der Haut und weissliche Veränderungen sind ebenfalls typisch. Die Erkrankung verläuft schubweise; körperliche Belastung oder Stress können Schübe begünstigen. Bei längerem Bestehen der unbehandelten Krankheit kommt es zu Narbenbildungen und zu Verklebungen der Haut. Das Risiko für ein Vulvakrebs ist leicht erhöht (5%).
Wieso habe ich Lichen sclerosus?
Lichen sclerosus ist nicht ansteckend und hat nichts mit mangelnder Hygiene zu tun. Als Ursache werden entzündliche, autoimmune Prozesse in der Haut vermutet, was bis heute aber nicht restlos geklärt werden konnte. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer und können zu jedem Zeitpunkt im Leben erkranken. Selbst Säuglinge können betroffen sein. Mindestens eine von 50 Frauen leidet an einem Lichen sclerosus.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Diagnose kann in der Regel aufgrund der Leidensgeschichte, der Hautverhältnisse oder auch aufgrund des guten Ansprechens auf die Behandlung gestellt werden. Eine Gewebeprobe ist nur in seltenen Fällen notwendig.
Wie behandelt man Lichen sclerosus?
Die Behandlung erfolgt meist mit einer Kortison- haltigen Salbe und einer Fettcreme. Zu Beginn sollte die Kortisonsalbe über mehrere Wochen täglich benutzt werden, damit die Entzündung in der Haut vollständig gebremst wird. Längerfristig wir das Kortison noch ein bis zweimal wöchentlich aufgetragen, um ein Wiederaufflammen der Entzündung zu verhindern. Diese sogenannte Erhaltungsdosis kann jahre-, respektive lebenslang weitergeführt werden. Unter der Erhaltungstherapie wird die Erkrankung zum Stillstand gebracht, das Risiko für weitere Vernarbungen oder Krebsentstehung sinkt deutlich. Regelmässige fachärztliche Untersuchungen, mindestens einmal pro Jahr, sind empfohlen, um ein Fortschreiten der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen. In den letzten Jahren konnten einige Studien die Wirksamkeit einer Laserbehandlung aufzeigen. Die Datenlage diesbezüglich ist aber wissenschaftlich noch zu wenig belegt, um die Laserbehandlung als Alternative zu lokalem Kortison vorbehaltslos anzubieten.
Weitere Informationen zu Lichen sclerosus erhalten Sie in dem folgenden Video
Vulvodynie: Schmerzen an der Vulva sowie Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr) können auf das Krankheitsbild Vulvodynie hinweisen. Diese Diagnose kann erst nach einer gynäkologischen Untersuchung und nach dem Ausschluss anderer Ursachen für die Schmerzen gestellt werden.
Definitionen und Symptome:
Die Vulvodynie (früher Vestibulitis) wird definiert als ein chronischer Schmerz an der Vulva ohne erkennbare Ursache, der über mindestens drei Monate besteht. Die Symptome äussern sich als Brennen, Stechen, Schmerzen oder Reizempfindlichkeit und können sowohl durch Berührung wie auch ohne jeglichen Hautkontakt auftreten. In der gynäkologischen Untersuchung finden sich keine Hinweise für Infekte oder Hauterkrankungen; die Vulvodynie ist eine Auschlussdiagnose. Die Beschwerden können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Sie reichen von leichten Schmerzen bis hin zum Gefühl von Messerstichen oder Verbrennungen. Flushartige Rötungen der Haut können ebenfalls auftreten. Die lokalisierte Vulvodynie beschreibt einzelne Stellen an der Vulva, die schmerzhaft sind: Schamlippen, Klitoris, Scheideneingang; bei der generalisierten Vulvodynie schmerzen die gesamte Vulva und der Scheideneingang.
Ursachen:
Die Ursache für die Vulvodynie ist weitgehend unbekannt. Trigger für die Entstehung können wiederkehrende Infekte, Operationen im Genitalbereich, Hauterkrankungen wie Lichen sclerosus, aber auch psychische Belastung oder sexueller Missbrauch sein. Eine Vulvodynie kann aber auch ohne jegliche, erkennbare Ursache auftreten. Die Schmerzen an der Vulva führen zu einer Verspannung im Körper, was die Grundspannung im Beckenboden erhöht. Dadurch wird die Vulvodynie zusätzlich verstärkt. Handkehrum können chronische Schmerzen im Bauch oder anderen Körperregionen ebenfalls zu einem erhöhten Beckenbodentonus führen, was wiederum eine Vulvodynie begünstigen und unterhalten kann.
Behandlung:
Die Behandlung der Vulvodynie ist oft individuell und folgt dem ,trial and-error-Prinzip’. Was für eine Frau hilfreich ist, kann bei einer anderen Patientin wirkungslos bleiben. Es gibt nicht DAS Medikament zur Behandlung der Vulvodynie, sondern meistens ist das Zusammenspiel verschiedener Massnahmen entscheidend. Ein erster wichtiger Schritt ist das Stellen der Diagnose selbst. Viele Frauen eilen von einem Arzt zum Nächsten, vermeintliche Infekte werden erfolglos behandelt, die Sorge an einem unerkannten Leiden erkrankt zu sein, fördern Anspannung und Schmerzen.
- Ein wissenschaftlich gut belegter Behandlungspfeiler ist die Beckenboden- entspannende Physiotherapie. Die Therapiesitzungen sollten unter Anleitung einer erfahrenen und auf Beckenbodentherapie spezialisierten Physiotherapeutin durchgeführt werden.
- Die medikamentöse Behandlung reicht über lokale Therapien mit Salben, die ein Lokalanästhetikum, oder ein schmerzlinderndes Antidepressivum enthalten, über Medikamente, die die Schmerzreizleitung der Nervenfasern
beeinflussen. - Die Wirksamkeit einer Behandlung mit Akupunktur konnte wissenschaftlich belegt werden und ist empfohlen.
- Weitere Entspannungsfördernde Massnahmen wie autogenes Training oder andere Methoden können hilfreich sein.
- Auch psychologische Betreuung, allenfalls mit psychosomatischem Ansatz oder eine Sexualtherapie können notwendig werden.
- Nicht zu vernachlässigen ist auch das soziale Umfeld der Betroffenen. Partnerkonflikte, die aufgrund der eingeschränkten oder gar nicht mehr gelebten Sexualität entstehen, stellen häufig eine zusätzliche Belastung dar. Die Aufklärung und nach Möglichkeit Einbindung des Partners ist oft hilfreich.
Prognose:
Eine Prognose für den Verlauf der Erkrankung zu stellen, ist sehr schwierig. Der Verlauf ist sehr individuell. Ein Teil der Patientinnen wird wieder ganz beschwerdefrei. Bei anderen treten die Symptome nur noch bei Belastungssituationen auf. Gewisse Frauen können mit Anwendung von Therapien und erlernten Strategien wieder einen normalen Alltag leben, auch wenn die Beschwerden nicht ganz weg sind.
Im folgenden Podcast können Sie sich einen Austausch von Dr. Gabi Landmann mit einer von Vulvodynie betroffenen Patientin anhören (Dauer 46 Minuten)
Dysplasie, Vorstufen von Vulvakrebs: Wie an anderen Köperregionen können auch an der Vulva Zellveränderungen auftreten, die unbehandelt zu einem Hautkrebs führen können. Frühzeitig erkannt, können Dysplasien behandelt werden, bevor es zur Krebsentstehung kommt.
Wie sieht die perfekte Vulva aus? Die perfekte Vulva existiert nicht, denn es gibt keine Normen, die vorgeben, wie eine Vulva aussehen soll. Grösse, Farbe, Form und Textur der Vulva sind individuell unterschiedlich und variieren stark